Dürfen Ärzte durchschnittlich dick sein?

Jan 24, 2012         Kategorie: Medizin

Die Zeiten sind (hoffentlich) vorbei, als Ärzte ihre Patienten mit einer Zigarette in der Hand begrüßten und behandelten. Zwar gibt es natürlich noch immer rauchende Ärzte, aber sie kommen ihrem Laster wohl in Pausen nach. Ein kettenrauchender Arzt aus Niederösterreich war sich dessen bewusst, dass er schwerlich seine Patienten auf die Gefahren des Rauchens hinweisen sollten, wenn er selbst nach so einem Gespräch zur nächsten Zigarette griff und belegte erfolgreich einen Nichtraucherkurs. Rauchen ist ein gesundheitsschädliches Laster, das man gerade noch vor den Patienten geheim halten kann.

Nun ist eine Fehlernährung nicht minder ungesund und Ärzte wissen um die fatalen Folgen von zu viel Fett und Übergewicht. Die meisten so genannten Volkskrankheiten hängen mit Ernährungsfehlern zusammen und Ärzte haben die Aufgabe und die Pflicht ihre Patienten dahingehend aufzuklären. Wie aber kommt das beim Patienten an, wenn Ärzte Wasser predigen und Wein trinken, wenn sie also ihren Patienten dringend raten, weniger und bewusster zu essen und selbst mit Übergewicht kämpfen. Dazu ein Psychologe, der lieber ungenannt bleiben möchte, weil er mit Ärzten zusammenarbeitet: „Die Signalwirkung ist fatal. Ärzte sind immer Über-Ich-Repräsentanten und haben eine Vorbildfunktion. Ein übergewichtiger Arzt kann seinen Patienten nicht glaubhaft eine Gewichtsreduktion verordnen. Die mimetische Kraft wirkt unbewusst und die Körperfülle eines adipösen Mediziners hat Symbolcharakter. Der Patient empfängt die Botschaft: Wenn der Arzt dick sein kann, dann kann es mir auch nicht schaden.“

Nun ist jeder Mediziner natürlich selbst für sich verantwortlich und das gilt auch für seine Gesundheit. Dennoch – ob der übergewichtige Arzt es will oder nicht – kommuniziert er alleine durch seine Erscheinung. Vorsorgeprogramme, Kampagnen der Sozialversicherungsanstalten, Broschüren und Plakate, die in Arztpraxen hängen verpuffen, wenn der Mediziner sich selbst nicht an medizinische Grundsätze hält. Innerhalb der Ärzteschaft werden – zumindest hinter vorgehaltener Hand – übergewichtige Ärzte auch kritisiert und ob der negativen Vorbildwirkung auch angeprangert. Aber offen ausgesprochen wird es nicht. Nun gibt es auch hochrangige Ärztekammerfunktionäre, die in Sachen Körpergewicht weder ihren KollegInnen noch den PatientInnen ein gutes Vorbild sind und somit – folgt man den psychologischen Regeln – medizinische Ratschläge alleine durch ihre Erscheinung unterlaufen. Nun sind Ärzte auch nur Menschen und dürfen Fehler und Laster haben. Sie dürfen auch bei der Ernährung zum Durchschnitt zählen – oder doch nicht?

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