Krankenhäuser als Politikum

Jan 12, 2012         Kategorie: Politik + Wirtschaft

Klinikum Klagenfurt kommt nicht aus den Schlagzeilen

Die Zentralisierung der Länderspitäler ist ein politisch kontroversiell diskutiertes Thema im Gesundheitswesen. Ein Krankenhaus gibt dieser Diskussion neue Nahrung – nämlich das neuerste und modernste Spital Österreichs in Klagenfurt. Dort wird auf politischer wie auch Krankenhausebene gestritten – auch um Macht und Einfluss. Das modernste Krankenhaus Österreichs kommt einfach nicht aus den negativen Schlagzeilen. Erst im Mai 2010 feierlich eröffnet, jagt seitdem eine negative Story die andere.

Ein Ende ist nicht in Sicht. Die Schuldzuweisungen erinnern an das Kinder-Kartenspiel „Schwarzer Peter“, bei dem nach ein paar Runden alle Mitspieler voller aufgemalter schwarzer Punkte dastehen.

Fehlerhäufigkeit

Die auch medial breit getretene Fehlerhäufigkeit ist auffällig. Da wurde einem Krebspatienten
die falsche Niere entfernt – später natürlich auch die richtige. Dann wurde ein Patient mit starken
Schmerzen nur mit Schmerztablettennheimgeschickt – nur einen Tag später wurde er von seinem
Hausarzt neuerlich eingewiesen, wo man ihn nach langer Wartezeit wieder wegschicken wollte. Erst
nach intensivem Drängen wurde ein CT durchgeführt und eine Gehirnblutung diagnostiziert.
Das berichtete die Kleine Zeitung unter Berufung auf den Bruder des Patienten.
Ein paar Monate zuvor wurdeein Mann zur Abklärung einer möglichen Herzerkrankung eingewiesen
und eine Gastritis diagnostiziert. Noch am gleichen Abend brach der Mann zu Hause wegen eines Herzinfarkts tot zusammen. Das Verfahren gegen die Ärzte wurde zwar eingestellt, die Vorwürfe der Witwe bleiben aber aufrecht. In einem anderen Fall berichtet ein betroffener Patient von einem gerissenen Meniskus
und gerissenen Kreuzbändern, die im Klinikum nicht feststellbar waren, sondern erst vom Facharzt
entdeckt wurden.


Personalabbau und Proteste

Die Politik hat dem Klinikum Klagenfurt Einsparungen „verschrieben“. Das geht nur über Personalabbau,
deshalb sollen rund 100 PflegemitarbeiterInnen und Ärzte weichen. Gleichzeitig plagen das Klinikum Personalsorgen, weil z.B. in der Notaufnahme die langen Wartezeiten für harsche Kritik seitens der Patienten sorgen. Die Leserbriefschreiberin Yanita Wagner bestätigt nach eigenen Beobachtungen den Stress des
Personals: „Ich frage mich allen Ernstes, wie lange dieses Personal gesund bleiben kann bei diesem
Stress.“


Streit mit ärztlichem Leiter

Der ehemalige ärztliche Leiter des Klinikums wagte es, nicht gleicher Meinung mit der Klinikleitung
zu sein und wurde fristlos gekündigt – so seine Darstellung. Matthias Angrés klagte seinen Arbeitgeber
mit der Vorstandsvorsitzenden Ines Manegold an der Spitze, die erst im Vorjahr aus Deutschland geholt wurde und für Beobachter der verlängerte Arm der Kärntner Politik bzw. des Kabeg-Aufsichtsratschefs Kurt Scheuch (FPK) wäre. Manegold soll auch einen Rechtsanwalt als Spitzel zu einer Ärzte-Betriebsversammlung
entsandt haben, was diese bestreitet.


Unzufriedene und demotivierte Mitarbeiter

Der Betriebsratschef bringt es auf den Punkt: „Es herrscht eine Art Schockstarre. Hier im Haus will schon bald niemand mehr arbeiten. Es fehlt jegliche Motivation.“ Politik will die totale Macht Nach dem ärztlichen Leiter wurde auch der wirtschaftliche Leiter und der Pflegechef abberufen. Die Kleine Zeitung schrieb dazu: „Hinter der Neuausschreibung zweier Chefposten im Klinikum Klagenfurt steht der Griff von FPK (Freiheitliche Partei Kärnten) und ÖVP nach der totalen Macht
im Spitalswesen.“ Die politische Mehrheit in der Landesregierung (FPK) hatte im Vorfeld ein von den politischen Gegnern scharf kritisiertes Landesgesetz durchgesetzt, das eine Expertenkommission installierte,
die von der Politik nominiert wurde und Beobachtern zufolge wohl wirtschaftliche „Grauslichkeiten“ (Kleine Zeitung) umsetzen soll. Dieses Gesetz wurde von FPK und ÖVP ohne Begutachtung und am „Gesundheitsreferenten ohne Mittel“ (Kaiser, SPÖ) vorbeigepeitscht, so dass es medial auch als „Putschgesetz“ bezeichnet wurde. Dagegen haben SPÖ und Grüne geklagt.


Chefin im Kritikfeld

Die Deutsche Ines Manegold leitet die KABEG und ist Herrin über die Kärntner Landeskrankenhäuser. Sie hat bislang wenig Freundliches erfahren. Ihre meisten Entscheidungen waren z.T. von harscher Kritik begleitet. Nicht nur, dass sie das gesamte Top-Management im Klinikum Klagenfurt austauschte, wird ihr Managementstil an den Pranger gestellt: So wurde sie schon mehrmals zum Rücktritt aufgefordert, steht mit der Belegschaft und dem Betriebsrat auf Kriegsfuß und hat erst jüngst durch eine Entscheidung, welche das Krankenhaus Wolfsberg betraf, wieder für Aufregung gesorgt. Manegold wird auch als verlängerter Arm vom Aufsichtsratschef der KABEG, Kurt Scheuch angesehen. Scheuch und sein Bruder Uwe gehören zur Führungsriege der Freiheitlichen Partei Kärntens. Scheuch wird in Kärnten nachgesagt, das Krankenhauswesen politisch umzubauen. Seine politischen Gegner wurden über das schon genannte Gesetz „kalt gestellt“. Antonia Gössinger, Kärntens Star-Journalistin spricht von einem „brachialen Kurs“ von Manegold und Scheuch. Die finanzielle Situation der Kärntner Spitäler gibt wenig Hoffnung, dass von diesem Kurs Abstand genommen wird. Das Kärntner Spitalswesen kommt nicht aus den negativen Schlagzeilen. Es gibt auch keine Anzeichen, dass sich dies ändern wird. Darunter leiden werden in erster Linie die Patienten. In Anbetracht dieser Misere wünschen sich Kenner der Situation, dass die Zentralisierung des Spitalswesens in Österreich bald Wirklichkeit wird und so die Gesundheit der Menschen nicht weiterhin Spielball der Landespolitik sein kann.

Foto: v+m

 

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